Was hat mir am meisten gefallen in Leeds? Vielleicht
daß es mindestens dreimal am Tag Tee gab? daß der Busfahrer
beim Einsteigen immer den Preis für’s Ticket und “Luv”
dazu sagte? Oder das Wohnen in Kirkstall, gleich um die Ecke von der Abbey?
Oder die göttlichen Spaziergänge in den Dales, sobald das Wochenende
angebrochen war? Und wie fing überhaupt alles an? Klar, mit Regen.
Da stand ich nun mit Gepäck für eine Woche (bis der Umzugswagen
kommen sollte) direkt im Leedser Hauptbahnhof. Erwartet von meiner ebenso
neuen Kollegin Uta (DAAD-Lektorin an der LMU), die ihren Ehemann mitgebracht
hatte. Zu dritt bemühten wir uns, ein Haus mit großer Küche,
großem Waschbecken und großen Fenstern zu finden. (Alle dachten,
wir seien verrückt). Außerdem natürlich billig und gut
gelegen. (Aussichtslos, fanden die anderen). Was soll ich sagen. Zum Schluß
hat’s geklappt!
Zwischenzeitlich war ich bei Ingrid Sharp untergebracht und wurde von
ihrem vierjährigen Sohn in die Welt der Spinnen, Haifische und Thomas
the Tank Engine eingeführt. (Damals waren die Sharps noch eine
Kleinfamilie ...)
Das erste große Ereignis war also die Haussuche. Das nächste
der Schneefall im Winter. Ich rief meine Tante in der Schweiz an. Sagte:
Du, die Busse fahren nicht mehr, der Verkehr ist am Erliegen. Seit heute
morgen schneit es. Ihre Frage: Wieviel Meter habt ihr denn? Ich:
Meter?
Achja, und dann war da noch die UNI. Ein Riesen-Campus mit einer unterirdischen
Infrastruktur: unterhalb der Mensa gab’s Einkaufsmöglichkeiten
en masse, eine Bank, Reinigung, Friseur, Reisebüro, ein Pub natürlich,
das Studententheater UND die Students’ Union, eine der aktivsten
im Lande. Zum Brentspar Skandal gab’s eine Woche lang Totenköpfe
auf gelben Shell-Muscheln. Auf Plakaten. Direkt vor der Mensa.
Ansonsten waren die Studenten nicht politisch aktiv, nicht sehr, jedenfalls
nicht sehr offen. Politisch interessiert schon eher, vor allem an Frauenfragen
und Current Affairs, das waren damals die ‘Renner’
unter den Kursen. Was wohl aus unserem Core Kurs geworden ist?
... Den gab es für First, Second und Final Years. Oral und
Written classes, fein aufeinander abgestimmt und im first
year noch mit Vorlesungs-Veranstaltungen kombiniert. Und einer Prüfung
am Ende. Die Arithmetik für die Gesamtnoten ist mir noch heute ein
Rätsel. [Impressively, nobody fails! – Ed.]
Nach zwei Jahren haben wir die Studierenden dann auf die Menschheit losgelassen,
vor allem an unsere Partneruniversitäten Tübingen, Leipzig und
Dortmund. Als Kinder sind sie losgefahren, als Halberwachsene wiedergekommen.
Alles in allem hatten sie eine gute und erlebnisreiche Zeit, so wie auch
die Tübinger Austauschstudierenden andersherum in Leeds. Soweit zu
den Lernenden. Und die Lehrenden?
Wir waren ganz mit den Vorbereitungen für’s TQA beschäftigt.
Immerhin haben wir deshalb eine wunderschöne neue rosa Sitzgarnitur
erhalten, auf der wir uns Mittags einfanden, um deutsche Nachrichten zu
gucken oder einfach ein cucumber sandwich zu verspeisen.
Was noch wichtig war? Das Language Centre. Es wurde zu meiner Zeit neu
eröffnet: größer, schöner, schneller, mit guten Recherche-Möglichkeiten
im Video-Katalog, einer in Ingoscher Manier perfekt angelegte Datenbank
zu den Tagesthemen aus dem 1. Programm, Sprachlernprogrammen auf Computer
und anderen nützlichen Einrichtungen aus dem weiten Feld “neue
Medien”. Es lebe die (Computer)Kunst!
A propos Kunst: eine Aufführung hat es auch gegeben: den Besuch
der alten Dame – Elke sei Lob!
Und den KollegInnen von damals sei Lob: ich habe unendlich viel gelernt
von euren Tips und Erfahrungen.
Leeds sei Lob! Ich habe England in der Zeit so lieben gelernt, daß
es mich nach zwei Jahren wieder auf die Insel gezogen hat, diesmal nach
Oxford, wo so gut wie alles anders ist ... Aber das ist eine andere Geschichte.
|