LektorInnenlob

Click for Contents

Annette Haberstock (Leeds, 1994-96)
“Tagesthemen und Cucumber Sandwiches”

Was hat mir am meisten gefallen in Leeds? Vielleicht daß es mindestens dreimal am Tag Tee gab? daß der Busfahrer beim Einsteigen immer den Preis für’s Ticket und “Luv” dazu sagte? Oder das Wohnen in Kirkstall, gleich um die Ecke von der Abbey? Oder die göttlichen Spaziergänge in den Dales, sobald das Wochenende angebrochen war? Und wie fing überhaupt alles an? Klar, mit Regen. Da stand ich nun mit Gepäck für eine Woche (bis der Umzugswagen kommen sollte) direkt im Leedser Hauptbahnhof. Erwartet von meiner ebenso neuen Kollegin Uta (DAAD-Lektorin an der LMU), die ihren Ehemann mitgebracht hatte. Zu dritt bemühten wir uns, ein Haus mit großer Küche, großem Waschbecken und großen Fenstern zu finden. (Alle dachten, wir seien verrückt). Außerdem natürlich billig und gut gelegen. (Aussichtslos, fanden die anderen). Was soll ich sagen. Zum Schluß hat’s geklappt!

Zwischenzeitlich war ich bei Ingrid Sharp untergebracht und wurde von ihrem vierjährigen Sohn in die Welt der Spinnen, Haifische und Thomas the Tank Engine eingeführt. (Damals waren die Sharps noch eine Kleinfamilie ...)

Das erste große Ereignis war also die Haussuche. Das nächste der Schneefall im Winter. Ich rief meine Tante in der Schweiz an. Sagte: Du, die Busse fahren nicht mehr, der Verkehr ist am Erliegen. Seit heute morgen schneit es. Ihre Frage: Wieviel Meter habt ihr denn? Ich: Meter?

Achja, und dann war da noch die UNI. Ein Riesen-Campus mit einer unterirdischen Infrastruktur: unterhalb der Mensa gab’s Einkaufsmöglichkeiten en masse, eine Bank, Reinigung, Friseur, Reisebüro, ein Pub natürlich, das Studententheater UND die Students’ Union, eine der aktivsten im Lande. Zum Brentspar Skandal gab’s eine Woche lang Totenköpfe auf gelben Shell-Muscheln. Auf Plakaten. Direkt vor der Mensa.

Ansonsten waren die Studenten nicht politisch aktiv, nicht sehr, jedenfalls nicht sehr offen. Politisch interessiert schon eher, vor allem an Frauenfragen und Current Affairs, das waren damals die ‘Renner’ unter den Kursen. Was wohl aus unserem Core Kurs geworden ist? ... Den gab es für First, Second und Final Years. Oral und Written classes, fein aufeinander abgestimmt und im first year noch mit Vorlesungs-Veranstaltungen kombiniert. Und einer Prüfung am Ende. Die Arithmetik für die Gesamtnoten ist mir noch heute ein Rätsel. [Impressively, nobody fails! – Ed.]

Nach zwei Jahren haben wir die Studierenden dann auf die Menschheit losgelassen, vor allem an unsere Partneruniversitäten Tübingen, Leipzig und Dortmund. Als Kinder sind sie losgefahren, als Halberwachsene wiedergekommen. Alles in allem hatten sie eine gute und erlebnisreiche Zeit, so wie auch die Tübinger Austauschstudierenden andersherum in Leeds. Soweit zu den Lernenden. Und die Lehrenden?

Wir waren ganz mit den Vorbereitungen für’s TQA beschäftigt. Immerhin haben wir deshalb eine wunderschöne neue rosa Sitzgarnitur erhalten, auf der wir uns Mittags einfanden, um deutsche Nachrichten zu gucken oder einfach ein cucumber sandwich zu verspeisen.

Was noch wichtig war? Das Language Centre. Es wurde zu meiner Zeit neu eröffnet: größer, schöner, schneller, mit guten Recherche-Möglichkeiten im Video-Katalog, einer in Ingoscher Manier perfekt angelegte Datenbank zu den Tagesthemen aus dem 1. Programm, Sprachlernprogrammen auf Computer und anderen nützlichen Einrichtungen aus dem weiten Feld “neue Medien”. Es lebe die (Computer)Kunst!

A propos Kunst: eine Aufführung hat es auch gegeben: den Besuch der alten Dame – Elke sei Lob!

Und den KollegInnen von damals sei Lob: ich habe unendlich viel gelernt von euren Tips und Erfahrungen.

Leeds sei Lob! Ich habe England in der Zeit so lieben gelernt, daß es mich nach zwei Jahren wieder auf die Insel gezogen hat, diesmal nach Oxford, wo so gut wie alles anders ist ... Aber das ist eine andere Geschichte.